Anwendungsorientierte Forschung
An Hochschulen und Forschungseinrichtungen arbeiten innovative Köpfe an Ideen und Konzepten, wie die Transformation unseres Energiesystems gelingen kann. Dabei stehen komplett neue Verfahren zur Produktion oder Speicherung von Energie genauso im Fokus wie vielversprechende Optimierungen vorhandener Technologien.
Anwendungsorientierte Forschung
Meetup Anwendungsorientierte Forschung
In unserem Online-Meetup am 14. September 2022 haben die Nominierten für den Innovationspreis der deutschen Gaswirtschaft 2022 in der Kategorie Anwendungsorientierte Forschung ihre spannenden Projekte persönlich vorgestellt. Folgende Projekte sind nominiert:
- H2-Indikator-Suprapartikel
- Wasserstoffdorf
- ORBIT II
Wasserstoff sichtbar machen: H2-Indikator-Suprapartikel
Die Wissenschaftler:innen der FAU Erlangen-Nürnberg und des Fraunhofer ISC haben unsichtbares Wasserstoffgas (H2) für das bloße Auge sichtbar gemacht. Durch winzig kleine Partikel, sogenannte Suprapartikel, die in Sekundenschnelle ihre Farbe verändern, sobald sich H2 in ihrer Umgebung befindet, können künftig Gefahren durch Brände und Explosionen verhindert werden. Die Entwicklung dieses Sensors bietet der künftigen Wasserstoffwirtschaft eine weitere wichtige Sicherheitsvorkehrung für die Erzeugung, den Transport und die Nutzung von Wasserstoff.
Winzig klein mit großer Wirkung
Zwischen einem und zehn Mikrometer groß sind die Suprapartikel, die unter anderem aus einem violetten Farbindikator bestehen. Bei Kontakt mit Wasserstoff verändern sie ihre Farbe:- Tritt einmalig Wasserstoff aus, ändert der Sensor seine Farbe von Violett zu Pink.
- Ist der Sensor direkt H2 ausgesetzt – strömt Wasserstoff also gerade in diesem Moment aus – wird er farblos.
Durch die zwei Farbstufen des Wasserstoffsensors lassen sich Lecks nicht nur in Echtzeit feststellen, sondern auch im Nachhinein schnell und präzise lokalisieren – weder Strom noch komplexe Messgeräte werden benötigt. Schon geringe Konzentrationen des Gases können erkannt werden.
H2-Netz im Wasserstoffdorf
Im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen in Sachsen-Anhalt ist in den letzten Jahren auf einem Versuchsfeld ein Wasserstoffdorf entstanden. Zusammen mit seinen Partnern untersucht und testet der Verteilnetzbetreiber Mitnetz Gas aufAufbau einer Modell-Wasserstoffinfrastruktur
2019 startete das Versuchsfeld „HYPOS: H2-Netz“: Hier wurden neue Kunststoffleitungen für den Transport von Wasserstoff sowie deren unter- und oberirdische Verlegetechniken untersucht. Hochdichte Kunststoffleitungen und neue Materialien im Verteilnetz und in der Inneninstallation wurden erprobt, erforderliche Sicherheitstechniken definiert und Wechselwirkungen von verschiedenen Geruchsstoffen für das Gasnetz untersucht. Ende 2021 wurde „HYPOS: H2-Netz“ abgeschlossen.
Im Januar 2022 startete das Folgeprojekt „H2-Infrastruktur – Effizienter und sicherer Betrieb von Wasserstoffverteilnetzen (H2-Infra)“ und setzt somit die Forschungsreise im Wasserstoffdorf fort. Auf dem Gelände sind Endverbrauchertechnologien installiert, mit denen unter realitätsnahen Bedingungen die Anwendung von Wasserstoff in Haushalt und im Gewerbe getestet wird.
Ziel von „H2-Infra“ ist, für zukünftige Anwendungen und Technologien eine extrem hohe Gasqualität bereitzustellen, Prozesse zu standardisieren, die Funktionalität der Infrastruktur sicherzustellen und Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Mitnetz Gas betrachtet in den kommenden drei Jahren insbesondere die Instandhaltung und die Betriebsführung der Wasserstoffinfrastruktur mit Fokus auf Gasdruckregel- und Messanlagen. Zudem sind die Entwicklung spezieller Bildungsprogramme für Monteure und Ingenieure und die Durchführung von Vor-Ort-Schulungen geplant.
Biologische Methanisierung durch Archaeen
Mit dem „ORBIT“-Projekt startete 2017 die Entwicklung und Erprobung eines Rieselbettreaktors zur biologischen Methanisierung. Archaeen, einzellige Mikroben, setzen hierbei Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff zu Methan und Wasser um. Das Projekt dient der Speicherung von erneuerbarem Strom als biologisch methanisierter Wasserstoff.
Im Anschlussprojekt „ORBIT II“ wird der Bioreaktor um einen Elektrolyseur erweitert, in eine skalierbare Containerlösung integriert und weiter optimiert. In einem zweijährigen Erprobungsbetrieb mit verschiedenen Industriegasen und einem Feldtest gewinnen die Projektbeteiligten neue Erkenntnisse für den wirtschaftlichen Betrieb im industriellen Umfeld der Anlage.
Das Klärwerk in Pfaffenhofen an der Ilm ist der Standort für den Feldtest der erweiterten Methanisierung und soll mit lokal produziertem, erneuerbarem Strom versorgt werden. Alle Stoff- und Energieströme vor Ort werden dafür genutzt, das erhöht die Effizienz und Wirtschaftlichkeit und macht das System zu einer Kreislaufwirtschaft par excellence. Über die Bürgerenergie-Genossenschaft Pfaffenhofen wird die Bevölkerung in das Projekt eingebunden.
Projektpartner sind die Universität Regensburg mit dem Lehrstuhl für Mikrobiologie und dem dort angesiedelten Archaeenzentrum, der Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik an der FAU Erlangen-Nürnberg sowie die Industrieunternehmen Ostermeier H2ydrogen Solutions GmbH und Schott AG.
Wird die biologische Methanisierung in großem Maßstab eingesetzt, wird Wasserstoff schnell nutzbar. Der Ertrag von Biogas und Klärgas könnte dadurch verdoppelt und die Gasspeicher in Deutschland zu drei Vierteln gefüllt werden. Die Nutzung der bestehenden Gasinfrastruktur führt zu kommunaler Versorgungssicherheit und Klimaschutz.